Elsoffer Auswanderer

Amerika Auswanderer aus dem

Kirchspiel Elsoff in Wittgenstein

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Gouverneur Joseph Hiester, 1820 in Harrisburg

Joseph Hiester, der Sohn des Elsoffer Auswanderers Johannes Hüster aus Eberts Haus,

wurde 1820 zum 5. Gouverneur von Pennsylvanien gewählt.


„Elsoff Wanderers“

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Eine kommentierte Sammlung von Original-Dokumenten und Publikationen

Zusammengestellt von Georg L. Braun, Heimatverein Elsoff

Alle Rechte beim Autor © 2017 glb

Teil I

Vorwort

Kaum einer im oberen Edertal und Wittgenstein ist vertraut mit der unglaublichen Erfolgsgeschichte der drei Elsoffer „Borsche“ mit Namen Johannes, Johann Jost und Daniel HÜSTER, die 1731 und 1737 ihr Heimatdorf Elsoff verließen und mit enormen Wagemut den „Absprung“ nach Amerika wagten. Johannes war 1732 im Alter von 23 Jahren der erste Vorbote (vanguard), die beiden anderen folgten ihm 1737 und sorgten in der ehemaligen Vogtei und besonders im Laaspher Grafenhaus für Aufsehen und Turbulenzen. Dazu später mehr.

Diese Zusammenstellung bildet eine Ergänzung zu der Arbeit Harriet Girdley´s Travels to Elsoff, Germany (1976 and 2000). Frau Girdley, eine geborene Hiester, hat 1976 und 2000 Elsoff besucht und sich auf Spurensuche zu ihren Vorfahren begeben. Daraus ist in den letzten zehn Jahren eine amerikanisch-deutsche Zusammenarbeit entstanden mit der Idee, das Wissen um die Vorfahren und die in beiden Kontinenten vorhandenen Dokumente zusammenzuführen. Das ist nur als Teamwork zu leisten. Für Ihre kompetente Unterstützung und die kaum noch zu zählenden E-mails und Anregungen möchte ich mich an dieser Stelle bei Harriet herzlich bedanken. Ohne ihr Engagement für ihre „German-based ancestors“ wäre diese Zusammenstellung nicht entstanden. Daher gebührt ihr auch das Schlusswort.

Besonders auf amerikanischer Seite sind seit Beginn des 19. Jh. zahlreiche Artikel unterschiedlicher Qualität von verschiedenen Institutionen veröffentlicht worden. Dies betrifft auch die Auswanderer aus der Elsoffer HÜSTER-FAMILIE. Fehler und Missverständnisse werden von nachfolgenden Generationen ungeprüft übernommen und sind dann später kaum noch zu korrigieren. Das gilt für beide Seiten – das Internet ist voll davon. Daher schien es uns besonders wichtig, möglichst viele Original-Dokumente aufzuspüren und auszuwerten. Zur Bewertung der Quellen sind einmal gute Kenntnisse in Geschichte, Kartografie und Landeskunde erforderlich. Eine wesentliche Barriere stellt weiterhin die deutsche Schrift dar, die selbst für erfahrene deutsche Bearbeiter der Dokumente des 18. Jh. teilweise voller Hürden sind. Dies gilt für den amerikanischen Bearbeiter, der meist ohne Hilfestellung arbeitet, umso mehr.

Nach der Abschrift des Originals muss dieses zunächst in verständliches Hochdeutsch übertragen werden. Danach braucht es gut ausgebildete Übersetzer/innen, die den Text (so wörtlich wie möglich, so frei wie nötig) in das Englische übertragen. Extreme Unterschiede bei der Lesbarkeit der Handschrift der Pfarrer, Kanzleischreiber, Schultheißen etc. erschweren (oder erleichtern) die Auswertung. Zudem ist zu konstatieren: Auch Kirchenbücher sind nicht frei von Fehlern!

Beim Übergang auf den Amerikanischen Kontinent sind teilweise die Namen der deutschen Auswanderer bei der Registrierung auf amerikanischem Boden bis zur Unkenntlichkeit verändert oder verstümmelt worden. Umlaute und weitere Sonderzeichen des deutschen Alphabetes sind dabei nur ein Teil der Ursache. Der Umlaut „ü“ im Namen Hüster ist hier nur ein geringes Problem. Daraus wird in Amerika Hiester oder Heister. Andere kompliziertere Nachnamen, die für die nur Englisch sprechenden Beamten der Aufnahmebehörden kaum verständlich waren, sind besonders davon betroffen. Dies beginnt schon bei den Namen in den Passagierlisten der Schiffe, die nur mit großer Akribie und vielen Ausschlusskriterien zu einem verlässlichen Ergebnis für die gesuchte Person führen. Teilweise war es den Auswanderern sogar recht, dass es zu einer Namensverfälschung oder Änderung kam: Nicht alle haben „mit reinem Herzen“ ihre Heimat verlassen.

Auswanderung im Spannungsfeld politischer und sozialer Verhältnisse in der Vogtei

Kaum ein Vorgang hat die Gemeinde und das Kirchspiel Elsoff in den letzten 300 Jahren demographisch derart beeinflusst, wie das der Emigration. Seit dem Hochmittelalter war die dörfliche Gemeinschaft geprägt durch das Rechtssystem einer Mainzer Vogtei und somit den klaren Spielregeln der Vogtgewalt ihrer Mainzer Bischöfe, vertreten durch Kirchenvögte und Plebane 1) unterworfen.

1) Die ersten Elsoffer Pfarrer waren sogenannte Plebane, die direkt dem Mainzer Bischof unterstanden. 1194: Walpertus zu Elsoff; 1294, 1307, 1333: Ditmar 1333,1336: Titmar, plebanus zu Elsoff. [Quelle: StA Marburg, Prozeßakten c. Vierminne]. Später hatten die Grafen von Wittgenstein das Patronat für die Elsoffer Pfarrer.

„Ein Leutpriester (übersetzt aus lat. plebanus; mhd. liut für lat. plebs) oder Pleban war ein Geistlicher, der eine Stelle mit pfarrlichen Rechten (plebes, Pfarrkirche od. Pfründe) tatsächlich besetzte. Er konnte Pfarrer sein, die Seelsorge im Auftrag des Besitzers der Pfarrrechte ausführen oder den (amtsunfähigen) Pfarrer vertreten. Er war in der Regel Weltgeistlicher (vgl. Weltpriester), unterstand also im Gegensatz zu Geistlichen, die einem Kloster oder einer Herrschaft dienten und von diesen abhängig waren, dem Bischof. Die Bezeichnung Pleban war seit dem 13. Jahrhundert im südwestlichen deutschen Sprachraum üblich, meist als Heteronym von Pfarrer. Sie ist in anderen Sprachen die Übersetzung für Pfarrer geworden (z. B. it. pievano, poln. pleban). Seit dem 14. Jahrhundert wurden viele Großpfarreien aufgeteilt. Sie erhielten ihre eigenen (oft von der Dorfgemeinschaft finanzierten) Pfarrer. Dadurch verschwand der Begriff Leutpriester langsam aus dem Sprachgebrauch; er ist aber noch bis Anfang des 19. Jahrhunderts belegt.“ [Zit. Nach Wikipedia, Aufruf 31.08.2017]

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Dies änderte sich mit dem Übergang zur Neuzeit dramatisch. Der evangelische Glauben wird von oben verordnet. Besonders die aufgezwungene reformierte Lehre, die anstelle der lutherischen erst 1582 in Elsoff eingeführt wurde, zeigt überdeutlich, wie das Kirchspiel Elsoff wieder einmal zwischen die Fronten geriet. Gegenspieler waren die Hessischen Landgrafen (vertreten durch die Battenberger Rentmeister und Caspar Tholde aus Frankenberg) einerseits, und die Wittgensteiner Grafen in Laasphe und Berleburg andererseits. 3 Mal wurde von Battenberger Seite in die Elsoffer Andreaskirche eingebrochen und der hölzerne Altar zerschlagen. In dieser Zeit wurde unsere Dorfkirche ihres wertvollen mittelalterlichen Schmuckes und ihrer Altäre beraubt. Dies hat tiefe Spuren bei den gläubigen Menschen hinterlassen.

Der Einflussbereich des Erzbistums Mainz im Mittelalter

Im Mittelalter war das Erzbistum Mainz die größte Kirchenprovinz nördlich der Alpen. Sie reichte von der Südschweiz bis an die Elbe, und vom Rhein bis an die Oder. Elsoff (Elsaphu ist eingezeichnet) war über mindestens 300 Jahre eine der zahlreichen Mainzer Vogteien.

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„Die Begriffe Vogtei (advocatia) und Vogt (advocatus) gehören zu den bedeutendsten der mittelalterlichen Rechtsgeschichte.

Seit frühkarolingischer Zeit hatten Bischofskirchen und Klöster Vögte zu bestellen, die zumeist dem Hochadel entstammten. Zunächst vertraten diese Vogtherren die Kirchen und Klöster im Rechtsverkehr mit der Außenwelt, bevor sie später ebenfalls die hohe Gerichtsbarkeit über das auf den Kirchengütern lebende Volk übernahmen. Dadurch wurde der Klerus - gemäß dem Grundsatz "Die Kirche dürstet nicht nach Blut" (ecclesia non sitit sanguinem) - von der Ausübung der (Blut)gerichtsbarkeit befreit.

Die ursprüngliche Schutzfunktion der Vögte entwickelte sich im Laufe weniger Jahrhunderte jedoch zu einem generellen Interventionsbelieben und Machtstreben, so dass ihre Funktion zunehmend nicht mehr als Schutz, sondern als Bedrückung empfunden wurde. Deshalb versuchten im 13. Jahrhundert fast alle Erzbischöfe und Bischöfe, die weltlichen Edel-Vögte durch die bischöfliche Gerichtsbarkeit auszuschalten (Entvogtung). Damit wurde die Schirmvogtei des Königs über die Reichskirche zwar nicht beseitigt; allerdings nahm man ihr die wesentlichen juristischen Eingriffsmöglichkeiten.“

Quellen: Volkert, Wilhelm: Adel bis Zunft: ein Lexikon des Mittelalters, Beck, München, 1991, S. 255 f.

Schmidt, H.J.: Vogt, Vogtei, in: Lexikon des Mittelalters VIII 1811-1814

Für die Einwohner allerdings folgenschwerer war der doppelte Rechtszug, unter dem die Vogteibewohner seit dem Ende der Mainzer Pfandschafft (1464) zu leiden hatten. Die Mittelalterliche Vogtverfassung hatte ihre Gültigkeit verloren. Von nun an galten Hessisches und Wittgensteiner Recht gleichzeitig auf Elsoffer Boden. Diese Situation führte bereits zu Beginn des 16. Jh. zu Revolten von Elsoffer und Alertshäuser Bauern, die sich gegen die ihrer Meinung nach ungemessenen Dienste und Abgaben zur Wehr setzten. Der von ihnen geführte Prozess gegen das Haus Wittgenstein-Wittgenstein dauerte von 1701-1731 und ging verloren. Da es seit Jahrzehnten für die Bewohner kein akzeptables Angebot durch die Grafenhäuser gab und gräfliche Pfändungen in den Kirchspieldörfern zunächst mit Gewalt abgewehrt werden konnten, kam es 1725 zu den blutigen Kämpfen im Dorf mit Nassauer Söldnern. Sie waren vom Laaspher Grafen angeworben um die Zwangseintreibung der seit Jahren nicht gezahlten Steuern und Abgaben zu vollstrecken. Die blutige Niederschlagung der „Rebellion“ (6 Tote und ca. 40 Verletzte) und die folgende Entrechtung und Unterdrückung der Dorfbewohner löste die erste Welle der Auswanderung im Kirchspiel aus, die auch drei Söhne der Hüsters aus „Eberts Haus“ in den Jahren 1731 und 1737 über den Atlantischen Ozean trug. Ihre Namen sind: Johannes Hüster *8.1.1708, Johann Jost Hüster *5.5.1710 und Johannes Daniel Hüster *05.01.1712. Sie verließen ihr Heimatdorf Elsoff wie viele ihrer Mitbürger „ohne Consens“, wobei Jost und Daniel, die ihrem Bruder 1737 folgten, noch in einen Diebstahl von Schafen verwickelt sein sollten. Dazu später mehr.

Historischer Hintergrund

Der Beginn der Auswanderung zu Beginn des 18. Jh. im Kirchspiel war politisch motiviert und hatte nichts mit der von zahlreichen Autoren des Wittgensteiner Heimatvereins behaupteten „klimatischen Ungunst und der daraus folgenden Armut“ zu tun. Diese These mag für das Wittgensteiner Oberland gelten. Es gilt noch einmal klarzustellen: Als diese Jugendlichen zwischen 1700 und 1730 im Unterland aufwuchsen, herrschte im Dorf ein kriegsähnlicher Ausnahmezustand! Keiner der Vogteibewohner war bereit, ungemessene Dienste für die Wittgensteiner Grafen zu leisten. Elsoff war in jener Zeit eines der größten und wohlhabendsten Dörfer in ganz Wittgenstein. Es hatte nach Feudingen die zweitbesten Böden und bot über 50 Lehnsleuten und ihren Familien seit dem Mittelalter ein mehr als bescheidenes Auskommen. Wer daran zweifelt, der mag sich die gediegene Qualität der Fachwerkhäuser und -scheunen aus jener Zeit im Dorfkern einmal anschauen. Sie legen ein klares Zeugnis vom Wohlstand (und Stolz) der bäuerlichen Besitzer ab. Leider ist im letzten Jahrhundert einiges an historisch wertvoller Bausubstanz verloren gegangen, darunter auch die mittelalterlichen Speicherhäuser („Baue“ oder „Gaden“), von denen es im Dorf einige gab. Der letzte wurde ca. 1904 abgerissen.

Prof. Dr. Gerhard Henkel beschreibt Elsoff in dem 1982 erschienen Band DEUTSCHE DÖRFER, Hrsg.: Prof. Dr. Wilhelm Landzettel, pp. 166-168: „Vergeblich gewehrt hat man sich in Elsoff allerdings gegen die kommunale Gebietsreform 1975, die – neben der Verlegung des Kreissitzes von Bad Berleburg in das weit entfernte Siegen – zum Verlust der Selbständigkeit der Gemeinde führte. Dies hat das historisch verwurzelte autonome Selbstbewusstsein der Elsoffer sehr getroffen.

Der Ortsname ist durch die Lage an dem Bach Elsoff („Elsapha“ wird ethymologisch mit „Erlenbach“ erklärt) entstanden, dessen Tal sich durch den Zufluss des Mennerbachs und des noch kleineren Freielsbaches zu einer passablen Siedlungsfläche verbreitert. Die Häuser stehen in unmittelbarer Bachnähe und sind damit den gelegentlichen Hochwassern ausgeliefert. Wie eine Aufsichtsperson sitzt die Kirche ca. 15 m über dem Dorf auf dem von Mennerbach und Elsoff herauspräparierten Sporn. Dass die Kirche in früheren Jahrhunderten zugleich Schutzfunktionen zu erfüllen hatte, beweisen ihre wehrhaften dicken Mauern.

Von seinem Grundriss her gehört Elsoff zum Typ des dichtbebauten Haufendorfs. Zwei Drittel aller Häuser Elsoffs sind vor 1900 entstanden, eine Relation, die man in Deutschland nur noch selten antrifft. Die Liste der Baudenkmäler enthält zur Zeit neben der Kirche 30 Objekte, Bauern- oder Bürgerhäuser im traditonellen Fachwerk. Der für Elsoff charakteristische Haustyp ist das queraufgeschlossene mitteldeutsche Einhaus mit gemischter Wohn-/ Wirtschaftsfunktion. Elsoff ist durch die Geschlossenheit des gesamtdörflichen Ensembles das vielleicht interessanteste Dorf aus Denkmalspflegesicht. Noch 73% aller Häuser Elsoffs sind Fachwerkbauten!“ Zitat Ende

Push- und Pullfaktoren

Die besondere Situation in den Wittgensteiner Grafschaften

Um dem amerikanischen Leser einen Überblick der politischen Verhältnisse des Grafentums Wittgenstein seit dem Mittelalter zu geben und einige Gründe für die Auswanderung zu erhellen, wird hier ein Ausschnitt aus dem Aufsatz von Karl-Ernst Riedesel aus dem Jahre 1985 wiedergegeben. Hier wird nur der für Elsoff wichtige Zeitabschnitt des 18. Jahrhunderts betrachtet.

To give the American Reader some background information of the County of Wittgenstein and some reasons for emigration I state a lecture here which was published in the Internet. It was held by Karl-Ernst Riedesel in 1985. This address was prepared for presentation to the Womelsdorf Family Association which visited Wittgenstein in 1985. Here we give the reader the chapter oft he 18th century, which is most important for the political situation in the parish of Elsoff.

Causes for Emigration from the German Counties of Wittgenstein

The Seventeenth and Eighteen Centuries

Two events would annihilate all wealth in Wittgenstein during the 17th and 18th centuries: The Thirty Years' War (1618-1648) and later the introduction of absolutistic government. Wittgenstein did not see military action during the Thirty Years' War, but it saw many armies marching through the counties and demanding high contributions, with soldiers looting and raping as they saw fit. Worst of all were the diseases, which accompanied the armies, and above everything was the plague, which afflicted Wittgenstein more than once during this period. At the end of this war, the two Wittgenstein Counties were completely ruined. Their population was reduced to one third of what it had been thirty years before, and the war had destroyed whatever wealth had existed in Wittgenstein. Many families had been exterminated by violence, famine, or disease; complete villages had been deserted.

The Counts tried to obtain the same taxes from their two Wittgenstein counties, as they had done before the war. This could only be achieved by substantial increases of taxation and services, which the reduced number of subjects had to deliver. Had the hard-working farmers been provided with a helpful and understanding government, they might have managed to overcome the disastrous consequences of the Thirty Years' War. But the Counts of Wittgenstein, later the Princes of Wittgenstein, adopted the philosophy of absolutistic rule, which strained the farming population beyond any reasonable measure. Editor's note: The titles of Graf (Count) and later Prince were awarded by the German Emperor. The Counts of Wittgenstein were dubbed Princes in the early 1800s at which time the Empire was a shell and the titles almost meaningless. Their descendants are still called Prinz or Fürst.“ Zitat Ende.

Seit dem Beginn des 16. Jahrhunderts treten für das Kirchspiel Elsoff weitere schwerwiegende Push-Faktoren hinzu:

Seit dem frühen 16. Jahrhundert lagen „die Vogteier“ mit den Grafen von Wittgenstein im Streit, da sie nicht bereit waren „ungemessene Dienste“ für die Wittgensteiner Fürstenhäuser einerseits und für den Hessischen Landgrafen andererseits zu verrichten. In der ehemaligen Vogtei Elsoff galt in jener Zeit wittgensteinisches und hessisches Recht gleichzeitig. Das verschärfte den Anteil der Abgaben und Dienstleistungen für die Obrigkeiten dermaßen, dass viele Familien unterhalb des Existenzminimums dahinvegitieren mussten. Bereits im 16. Jh. flackerte der offene Widerstand in Alertshausen und Elsoff auf. Rund 200 Jahre später kam es dann im Jahre 1725 zur offenen Rebellion der Vogteidörfer Elsoff, Alertshausen und Beddelhausen. Diese wurde vom Laaspher Grafen mit einer angeheuerten Kompanie Nassauer Söldner blutig (mit zahlreichen Toten und Verletzten auf beiden Seiten) nierdergeschlagen. Es folgten drakonische Strafen, die über Jahrzehnte hinweg die beteiligten Dörfer des Kirchspiels in den ausweglosen Ruin trieben.

Konsequenz: Es erfolgte ab den 1730er Jahren eine Massenauswanderung aus den Dörfern, deren Bevölkerung ihrer Zukunft beraubt war. Glücklicherweise hatte das damals noch unter englischer Verwaltung stehende Amerika bereits seine Tore geöffnet. Für die Wittgensteiner gab es schon Netzwerke in Amerika, welche den „Absprung“ erleichterten. Alle deutschen Einwanderer, die vor dem Revolutionskrieg gegen England amerikanischen Boden betraten, werden in der amerikanischen Geschichtsschreibung als „Pennsylvania-Germans“ bezeichnet.

Hier die Namen unserer Auswanderer, die zur ersten Welle von 1730-1738 gehörten, Original-Dokumente S. 11 ff. O.C. bedeutet ohne Consens (Erlaubnis):

(1732 o. C.) Johannes Hüster (23 Jahre alt). Die Amerikaner bezeichnen ihn als „vanguard“.

(1737 o. C.) Gruppenflucht 8 junger Leute aus Elsoff: Jost Hüster, Daniel Hüster, Johannes Köhler, Johannes Gelbach, Daniel Zacharias, Christina Benner, Maria Benner, Georg Gernand.

(1738, meist o. C.) Massenausbruch, 26 Einwohner verlassen die Vogtei.

Transkription des Originals von S. 16 [Georg L. Braun]

Derer Jenigen Diß 1738 te Jahr Ohne Erlaubnis auß dem Vogteischen Virtel Nach pänsulfanien gezohgen wie folget

 

Erßte: auß Elsoff

1 Johannes althauß ju. und deßen frau [Johannes Althauß (junior) u. Frau]

 

Junge borsche              2 george Weber [GEORGE WEBER]

3 Mannes Sassemanßhaußen [Mannes(=HERMANN) SASS(E)MANNSHAUSEN]

                                   4 Jost Schumacher [JOST SCHUMACHER=Shoemaker]

                                   5 george grauel [GEORGE GRAUEL]

                                   6 Jacob Köhler [JACOB KÖHLER]

                                   7 Debus Rößer [DEBUS RÖßER]

Mägdtcher __________________

                                   1 anna Maria Krämerin [KRÄMER]

                                   2 anna Elisabeth baltin [BALD]

                                   3 anna Elisabeth feyringing [FEURING]

                                   4 Maria Magtalena Sassemanßhausin [SASSMANNSHAUSEN]

                                   6 gertraut paustin [Paust – aus „Pöst“]

                                   7 anelße gückerin [GÜCKER]

                                   8 gertraut Dinstin [DIENST]

                                   9 Marialisa gückerin [GÜCKER]

           

Auß ahlertshaußn

                        1 henrich Röß [RÖß]

                        2 peter benner [Peter Benner]

                        3 Madeis hirt [Madeis HIRT]

                        4 bastian benner [Bastian Benner]

                        5 Daniel bübighaußn [Daniel BÜBINGHAUßN=BIEBIGHAUSEN]

                        6 wilhelm althauß [Wilhelm ALTHAUSS]

                        7 franß Dieln [FRANS DIEL(E)N aus Diele?]

 

Magdtcher ______ Nahmn. Hanin (?)

 

                        1 lohrenß Krüger, aus bettelhaußn

 

                                                                  Suma 26 persohnen

 

         Die sind ausreißend, und 12 persohnen Mit erlaubnuyß

 

 

Elsoff A 16tn May 1738 Dießes haben nur Zur Nachricht aufgesetzet, Suma 28 persohnen         

Joh: Christian Fischer                                  

 

Sorry - unsere Bauernjungen hatten keine Wappen!

Auf amerikanischer Seite wird immer nach Wappen der Familien der Vorfahren gefragt oder gesucht. Am liebsten hätte man natürlich „nobles“, (Ritter oder Grafen) unter den Vorfahren. Dies ist jedoch für keinen der Auswanderer aus dem Kirchspiel der Fall, sie hatten kein Recht, Wappen zu führen – sorry, no coats of arms of our emigrants! Das auf der amerikanischen Seite publizierte „Hiester-Wappen“ (eine Sonne) ist der Fantasie entsprungen. Zum besseren Verständnis habe ich deshalb hier die gültigen Wappen (Coat of arms) und Siegel (Seals) der kirchlichen und weltlichen Machthaber im Kirchspiel Elsoff seit dem Mittelalter zusammengestellt:

[1] Erzbistum Mainz - Genehmigung der Eigenkirche des Buobo (Elsoffer Urkunde 1059)

[2] Graf Werner von Wittgenstein-Battenberg (Zeuge der Elsoffer Urkunde 1194)

[3] Grafen von Wittgenstein-Berleburg

[4] Siegel der Elsoffer Vögte, Grafen von Naumburg (Zeugen der Elsoffer Urkunde 1194).

(Die Tingierung des Wappens von Widekind I. ist unbekannt.)

[5] Allianzwappen der Grafen von Wittgenstein-Wittgenstein (1603-1806)

[6] Ritter Godebertus von Diedenshausen (Zeuge der Elsoffer Urkunde von 1194),

[7] Ritter Godefried von Hatzfeld (Zeuge 1194)

                               

1 2 3
6 7 8
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8   9
6   7
9a   9b

       Das „Alte Reich“ am Ende des 18. Jahrhunderts

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The map shows the political situation in Germany at the end of the 18th century. The black arrow indicates the position of the “Grafentum (Gft.) Wittgenstein” in the middle of Germany. It is surrounded by a patchwork of States.

Die Karte zeigt einen Ausschnitt des „Alten Reiches“ am Ende des 18. Jh. Der schwarze Pfeil markiert die Lage des Grafentums Wittgenstein, welches von einem Flickenteppich von Kleinstaaten umgeben ist. Zum besseren Verständnis der damaligen politischen Verhältnisse (um ca. 1720 setzte die Auswanderung in unserem Kirchspiel ein) ist hier das zweigeteilte Grafentum dargestellt. Diese Situation bestand von 1603 – 1806. Nach einer kurzen Übergangszeit mit Hessen-Darmstadt wurde Wittgenstein 1816 von Preußen annektiert. Der Kreis Wittgenstein war ein von 1816 bis 1974 bestehender Kreis im Regierungsbezirk Arnsberg. Mit diesem gehörte er zunächst zur preußischen Provinz Westfalen, ab 1946 schließlich zum deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen. Von 1939 bis 1969 hieß die Verwaltungseinheit Landkreis Wittgenstein mit der Kreisstadt Berleburg.

 

 

Das Grafentum (später Fürstentum) Wittgenstein war in „Oberland“ und „Unterland“ geteilt (1603 – 1806). Die Karte auf S. 9 zeigt die Grenze (schwarz). Der Bereich der Jüdischen Gemeinde Elsoff ist blau eingezeichnet.

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Das Grafentum Wittgenstein war von 1603-1806 in die Nordgrafschaft Wittgenstein-Berleburg (Oberland – Sitz des regierenden Grafen in Berleburg) und die Südgrafschaft Wittgenstein-Wittgenstein (Laasphe) geteilt. Elsoff gehörte zur Südgrafschaft. Die in Elsoff regierenden Laaspher Grafen residierten während dieser Zeit auf Schloss Laasphe und im Schwarzenauer Herrenhaus. Von 1806-1816 war Wittgenstein hessisch und gehörte zum Großherzogtum Hessen-Darmstadt. Nach der Annexion durch Preußen wurde 1816 der Kreis Wittgenstein gegründet, der von von 1816-1974 existierte. Danach Kreis Siegen-Wittgenstein.

Nach der Kreisreform 1975 wurde die Gemeinde Elsoff ein Ortsteil von Bad Berleburg (Stadt mit 23 Dörfern) und gehört heute zum Kreis Siegen-Wittgenstein. Elsoff hat im Jahr 2017 etwa 700 Einwohner.

Die korrekte Anschrift für Elsoff (Correct address) lautet :

57319 Bad Berleburg-Elsoff

Germany

http://de.wikipedia.org/wiki/Elsoff_(Bad_Berleburg)

http://www.elsoff-online.de/

Elsoff (Wittgenstein) wird nicht nur auf amerikanischer Seite oft mit Elsoff (Westerwald) verwechselt. Dies führt zu großen Konfusionen!

 

Auswanderung nach Amerika – Grundlegende Arbeiten von Prof. W. Hartnack

Wenn man sich mit diesem Thema beschäftigt, muss man das Rad nicht neu erfinden. Professor Dr. Wilhelm Hartnack (†) hat auf diesem Gebiet viele Jahrzehnte (auch in Amerika) geforscht und für Wittgenstein hervorragende Grundlagenarbeit geleistet. Anlässlich der 900-Jahrfeier hat er für unser Dorf bereits im Jahr 1959 Wesentliches zur Klärung der Herkunft der in Amerika zu höchsten Staatsämtern aufgestiegenen Hüster-Familie aus Elsoff beitragen können. [Siehe auch Beitrag Harriet Girdley, Travels to Elsoff]. Seine Schriften sind, ebenso wie die von Karl Hartnack (†) allerdings über zahlreiche Publikationen verstreut. Vor allem im Internet werden seit Jahren ihre Ergebnisse, größtenteils ohne exakte Quellenangabe, „ausgeschlachtet“.

Ich zitiere W. HARTNACK hier aus einem seiner grundlegenden Aufsätze aus den Blättern des Wittgensteiner Heimatvereins, J. 44, Bd. 20, H. 1/2, 1956, pp. 30 ff.:

„Die Auswanderung nach Amerika ist die bedeutendste von allen geworden. Hier sind von 1719 bis 1819 insgesamt an 12500 Menschen aus Wittgenstein ausgewandert, die größtenteils mit Namen zu belegen sind. Eine der auffälligsten Erscheinungen hierbei ist die, daß etwa 25-33% von ihnen dem Lahn-, 66-75% dagegen dem Edergebiet entstammten, eine Folge der naturräumlichen Benachteiligung des nördlichen gegenüber dem südlichen Landesteil.

Daß all diese Auswanderer nicht, wie es später in gewissen Kreisen Mode wurde, nach Amerika abgeschobene unbrauchbare Elemente waren, die die Heimat ausgestoßen hatte, sondern vielleicht gerade die Fähigsten, weil ihnen die heimische Enge keine Entfaltungsmöglichkeiten bieten konnte, das beweisen die Stellungen und die Bedeutung, die sie draußen errungen haben.

Besonders hervorstechend ist der Anteil hervorragender Wittgensteiner an den amerikanischen Unabhängigkeitskriegen, dem Ausbau der USA und der Förderung ihrer Kultur.

//….//

Noch vielseitiger (- als die Sauer Familie aus Laasphe - Anmerkung glb) entwickelte sich drüben

Die Familie Hüster (amerikanisch Hiester) aus Elsoff.

Ein Johann Jost Hüster lebteum 1708 in Elsoff und hatte u. a. vier Söhne: Mathias geb. 1704, Johannes, geb. 1708, Johann Jost, geb.1710 und Daniel, geb.1713. Der älteste, Mathias, übernahm den väterlichen oder schwiegerväterlichen Hof. Die drei anderen Söhne wanderten nach Amerika aus und erwarben dort ansehnliche Farmen: Johannes in der Grafschaft Lancaster 480 Morgen, die er noch erweiterte; Johann Jost, einen ähnlichen Besitz im Amte Bern der Grafschaft Berks und Daniel nach und nach 800 Morgen ebenfalls in dem Teil der Grafschaft Lancaster, der später zu Berks kam. Von diesen drei Brüdern, die zusammen noch 5000 Morgen Urwald erwarben, ist nur Daniel selbst hervorgetreten, dann aber auch der Sohn Johanns, Joseph Hüster (Hiester), und drei Söhne Daniels.“ … //

[Ende des Zitats von Prof. Hartnack)]

Ihre Flucht führte sie zunächst ins „Köllsche“ (Hallenberg) und dann zum Rhein. Von einem der Rheinhäfen ging es weiter über Rotterdam nach Cowes (Isle of Wight) und dann zu einem der großen Zielhäfen an der amerikanischen Ostküste. Im 19. Jh. gingen die Reisewege über Hamburg oder Bremen, ab 1844 auch über Bremerhaven.

Bevor wir die Spuren der drei Brüder in Nordamerika weiter verfolgen, soll hier noch näher auf die turbulenten Ereignisse eingegangen werden, die sich an den Ostertagen 1737, unmittelbar vor dem „Ausbruch“ von Johann Jost und Johannes Daniel in der Vogtei ereigneten. Da ihr Entweichen „ohne Consens“ von dem für Elsoff zuständigen Förster J.C. Fischer nach Laasphe gemeldet wurde, sind wir über die Umstände gut informiert.

Quellen

Auf den folgenden Seiten finden Sie den „Fischer-Report“ von 1737 und 1738 im Original.

C. Fischer war Förster im Elsoffer Viertel und musste den Grafen über die Vorgänge informieren.

Archiv Signatur: Grafschaft Wittgenstein W 65 II

Akte: Auswanderung der Unterthanen ohne Consens (1726 – 1740)

Der Gruppenausbruch von 1737

Verbatim Abschrift des amtlichen Berichtes von J. C. Fischer

(Förster im Elsoffer Viertel)

an die gräfliche Herrschaft in Laasphe

Abschrift von Georg L. Braun am 12.05.2012

Beidseitig beschriebener Brief mit schwarzem Siegel.

 Vorderseite (Original) – Foto G. Braun S.12

12 

 

 

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Vorderseite (Abschrift Georg Braun)

In Eyle berichte untherthänig daß gestern

abend speht, von des Peter Heegers Hauß

von Christians Eck nach Diedenshausen ge-

kommen, und alda in erfahrung gezogn

daß einige junge borsche und Mägtcher

auß Elsoff alda durch und nach dem

pinsulfanige (Pennsylvania) gehen wollte, auch mich

so gleich dissn morgen alhier genau er-

kundiget, daß diese nach specifizierte

Nahmen eß sein sollte wie folget

       auß Elsoff.

Johannes althauß.Senior Stüffsöhne Mit

nahmen 1 Jost Hüster

            2 Daniel Hüster

             3 Johannes Köhler deß jacob Köhlers

              ehelicher Sohn

             4 Christ gelbachs Sohn Johannes

             5 Joh: Zacharias Sohn Daniel

             6 george benners beide Döchter

                 Christina, und Maria Bennerin

             7 Jacob gernand, ehelicher Sohn george

                 Gernand

welche am ostermontag zu nacht, deils aber

nach der bredige von hier, und sollen nach dem

Hallenberg zu sein, und weillen der Johannes

Gelbach einen grossen Schafhandel gehabt

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Hier noch einmal die Namen der acht Elsoffer Ausreißer aus dem Jahre 1737:

Jost Hüster, Daniel Hüster (die Brüder von Johannes)

Johannes Köhler, Johannes Gelbach,

Daniel Zacharias, Christina Benner,

Maria Benner, Georg Gernand.

Rückseite (Original) – Foto G. Braun

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Rückseite (Abschrift)

Daß vermutlich selbiger noch viele Schafe

Unter den leutn haben Muß, weilen ich

Mich aber in diesen 3 Gemeinden erkundigt

Und nicht geständig, als wo ich hinkommen

wehren seinem Bruder Johan Gelbach

und willen der Johannes Gelbach solte

der rechte Verführer sein, welcher auch mit des

George Benner Döchter ein Versprechen haben

solte, und vermutlich sein Bruder Johan

Jacob umb all diese offeren gewußt auch

demselbigen seine Schafe fortbringen helfen,

so habe dem Johan Jacob gelbach, seine Schafe

welche er in hiesigem Perche (Pferch) getan hat

Vor gnädigster Landesherrschafft, vor seinem

Bruder welcher heimlich Esche bieret*), und

Meinem gnädigsten Herrn noch mehr dar

Zu verführet, biß Zu außtrag der Sache

in Verbott gestellet, welches hiermit gleich

mäsäg (gleichzeitig) berichte, und umb fromer Kniefall

bitte. auch in allem gehorsamste respect

verharre                               Euer Hoch Wol geb:

Elsoff A 23ten april                       gehorsamer

                   1737              

                                           J. C. Fischer

*) Esche bieret = franz.: echappiert (engl.: escaped) = frei übersetzt: Er hat sich heimlich „aus dem Staub gemacht“

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Aus dem Berich von J. C. Fischer geht hervor, dass die „Borsche“ noch eine Anzahl Schafe mitgenommen haben. Dies hat auf der einen Seite zu großem Gelächter, auf der anderen aber zu gewaltiger Verärgerung geführt. In Amerika ist daraus die Geschichte der „Sheep-Stealing-Hiesters“ geworden. Mit gegangen – mit gehangen! In Elsoff sagt man: Die Jungen haben nur ihren Erbteil mitgenommen.

Anmerkung glb: Wenn man das Schriftbild des J.C. Fischer kennt, sieht man die Erregung, mit der er diese Zeilen verfasst hat. Ausreißen ohne Consens und dann noch eine Herde Schafe mitnehmen – das geht gar nicht!

Der Massenausbruch aus der Vogtei von 1738

[Originaldokument aus dem Laaspher Schlossarchiv – Foto GLB]

Abschrift S. 6

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Die Hüster Familien in Amerika

Daniel Hüster

„Daniel Hüster, der jüngste der drei Brüder, war Bauer, Gerber und Ziegelbrenner und baute 1757 das noch heute stehende und, obwohl es 1774 in andere Hände übergegangen ist, noch immer als „Hiesterhaus“ bezeichnete Gebäude in der Grafschaft Montgomery ( Abb.) Es war und blieb politischer und gesellschaftlicher Mittelpunkt für einen weiten Umkreis. Daniel zog 1774 nach Reading und wurde 1777 Friedensrichter der Grafschaft Berks.

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Johann Hiester

 Johann Hiester, sein erster Sohn, kämpfte im Revolutionskrieg als Offizier, erst als Hauptmann, später als Generalmajor der USA. Er wurde Staatssenator und Kongreßmitglied.

 Daniel Hiester jun.

 Daniel Hiester jun., der zweite Sohn, heiratete Johanna Heger, Tochter des Jonathan Heger (Hager) von Christianseck, welcher Hagerstown im Staate Maryland gegründet hatte. Er war Hauptmann im Revolutionskriege, wurde 1782 Brigadegeneral, 1784 Mitglied des Obersten Vollziehenden Rates von Pennsylvanien und war 1794-1804 Vertreter Pennsylvaniens im 1., 2., 3. Und 4. Kongreß.

Gabriel Hiester

 Gabriel Hiester, der dritte Sohn, Major im Revolutionskrieg, war 1778-1812 Mitglied des pennsylvanischen Landtags, dann des Repräsentantenhauses der USA, Staatssenator und Dauphin, 1801 pennsylvanischer Präsidentenwähler.

William Hiester

 William Hiester, der vierte Sohn, Hauptmann im Revolutionskrieg, wurde Staatssekretär von Pennsylvanien.

 

Joseph Hiester (1752-1832)

1820-1823 - 5. Gouverneur von Pennsylvanien

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Aber auch der Vetter dieser vier Hüster-Brüder und Sohn ihres Onkels Johannes Hüster, der schon erwähnte Joseph Hiester trat stark hervor. Er ist gleichsam zum Mitbegründer der USA überhaupt geworden. Der höchste nationale Feiertag der Vereinigten Staaten, der 4. Juli 1776, ist mit sein Werk. Denn 1776 wurde er als erst 23jähriger zum Mitglied der „Provinzial-Konvention“ der noch englischen Provinz Pennsylvanien zu Philadelphia gewählt. Aus dieser Konvention ging der Kongreß der 13 in Empörung gegen das Mutterland England befindlichen Kolonien hervor, der sich am 4. Juli 1776 als von England unabhängig erklärte.

Joseph Hiester war nicht nur ein Mann von Erklärungen und Proklamationen, sondern er stand zu diesen auch durch die Tat und meldete sich freiwillig zum Dienst mit der Waffe in der Revolutionsarmee. In der Schlacht von Long Island geriet er in englische Gefangenschaft und kam in das Gefängnis von New York. Infolge Erkrankung wurde er ausgewechselt, zum Major, 1777 zum Oberstleutnant befördert und nahm als solcher an der Schlacht von Germantown am 4. Oktober teil. 1779 wurde er Mitbevollmächtigter bei der Regelung der Staatsfinanzen und brachte es bis Kriegsende 1783 auf George Washingtons Empfehlung bis zum Generalmajor.

Nach dem Kriege bekleidete er hohe politische Posten, arbeitete an der Verfassung mit, wurde Staatssenator und jahrelang Präsidentenwahlmann, 1820-1823 Gouverneur des Staates Pennsylvanien. 1832 starb Joseph Hiester in Reading.“ [Ende des Zitats]  

Die Wahl des Gouverneurs von Pennsylvanien im Dezember 1820

Die Kunde von der Wahl des Sohnes eines Elsoffer Bauernjungen zum Gouverneur von Pennsylvania verbreitete sich im Lahn- und Edertal wie ein Lauffeuer. Ob die Mitteilung eines Wittgensteiner Auswanders an den Laaspher Grafen, dass der Sohn eines gebürtigen Elsoffers nun das höchste Staatsamt in Pennsylvania innehat, diesen amüsiert hat? – eher weniger.                                                    

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Hier der Beginn des auf der nächsten Seite abgebildeten Briefes, der 1820 in Laasphe eintraf, „zu allerhöchst eigenhändiger Erbrechung“ des Siegels:

„Philadelphia, December 20th 1820

Durchlauchtigstem Fürsten, Gnädigstem Fürsten und Herrn. Ew. Durchlaucht werden zuförderst wegen der angemaßten Freiheit um Verzeihung gebeten, welche ich mir aus dem Grunde verspreche, daß Eure Durchlaucht umso viel eher dazu bereit sein werden, wenn Ew. Durchlaucht erfahren, daß aus Liebe von einem dero Landes Sohn, der zwar persönlich sehr weit entfernt, aber doch im Geist der Liebe sehr nahe ist, die Rede ist: die Wahl des Gouverneurs des Staates Pennsylvanien – Johann=Jost Hüster *). Ebenfalls die Antrittsrede, die der neugewählte Gouverneur bei seinem Amtsantritt getan, welche Ew. Durchlaucht um so angenehmer sein wird, denn ich berichte, daß dessen Vater ein geborener Wittgensteiner, gebürtig aus Elsoff ist gewesen“ //… //

*) Anmerkung des Verfassers: Der Vorname von Gouverneur Hiester wird vom Schreiber des Briefes nicht korrekt wiedergegeben: Es muss richtig Joseph Hiester heißen! Auf amerikanischer Seite ist der Unterschied zwischen Jost und Joseph lange Zeit nicht bekannt gewesen. Jost hat nichts mit Joseph zu tun, sondern leitet sich vom bretonischen Namen Jodocus ab!

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Die erste Seite des doppelseitigen Briefes von J.C. Benfer aus Philadelphia an das Fürstenhaus in Laasphe. FA Rentkammer Laasphe. Foto G. Braun

                    

                                                                                                            

Zahlreiche in Deutsch erscheinende Zeitungen Pennsylvaniens berichten im Jahr 1820 über die Gouverneurswahlen und den Wahlsieg von Joseph Hiester, der seinen Mitbewerber W. Findlay diesmal knapp schlagen kann.

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Ausschnitte von in PA erscheinenden Zeitungen im FA Bad Laasphe

Hier die Ergebnisse, veröffentlicht im Readinger Adler:

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C. Raguet, Zähler auf Seiten des Senats und S. J. Robbins, auf Seiten des Haußes der Repräsentanten, berichteten, daß die ganze Zahl der eingegebenen Stimmen für Governoer sich belaufe zu 134,226, von welchen hatte

Joseph Hiester       67,905

William Findlay       66,300

Zerstreut                       21

                             134,226

Pennsylvanien, ss.

In dem Namen und auf Authoritaet der Republik von Pennsylvanien

Joseph Hiester.

Von Joseph Hiester,

Gouvernoer der ersagten Republik.

 

Damit war Joseph Hiester der Sohn des Elsoffer Auswanderers Johannes Hüster mit mit einer Mehrheit von 1605 Stimmen gewählt, bei 134.226 abgegebenen Stimmen

Das Ergebnis der Stimmenauszählung

Eine Proclamation.

Wasmaaßen der Sprecher und die Glieder des Senats und der Sprecher und die Glieder des Haußes der Repraesentanten der General=Assembly der Republik von Pennsylvanien, am 18ten anstehenden December, in dem Zimmer des Haußes der Repraesentanten, in der Stadt Harrisburg, die Berichte von der letztern Wahl eines Governoers der ersagten Republik, in Gegenwart beyder Haeußer der Gesetzgebung, in Gemeaßheit der Constitution der ersagten Republik, eroeffnet und bekannt gemacht haben und daß, nachdem die Stimmen von einem von jedem Hauße bestellten Zaehler gezaehlt worden, es erhellete, daß Joseph Hiester eine Mehrheit der Stimmen hatte: Worauf der ersagte Joseph Hiester als gehoerig erwaehlter Gouvernoer der ersagten Republik erklaert und, nachdem er zuvor den Amts=Eid geleistet, demnach an diesem neunzehnten Tage des Decembers, als Gouvernoer derselben proclamirt wurde.

 Aus: Readinger Adler, Dienstag, December 1820

 Abschrift: G. Braun

                                                                                          

Die Gouverneursflagge von Pennsylvania

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Der Weißkopfseeadler, das Wappentier der USA, symbolisiert die Souveränität des Staates. Schildhalter sind zwei Pferde. Auf einem roten Schriftband steht das Motto des Bundesstaats: „Virtue, Liberty and Independence“ (Tugend, Freiheit und Unabhängigkeit)

Die Antrittsrede von Governeur Hiester ist 1820 in Amerika in Deutsch und Englisch publiziert worden. Hier die englische Fassung in einer edlen Ausgabe, gedruckt auf Seidenpapier mit dem Wappentier Weißkopfseeadler.

Übermittelt durch Dan L. Wenger, Santa Cruz, CA, dessen Mutter Pauline Brown, Elsoffer Vorfahren hatte.

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Zahlreiche deutsche Zeitungen in Pennsylvanien haben die Antrittsrede

(„Eintritts-Rede seiner Excellenz Jos. Hiester“) 1820 in Deutsch gedruckt.

Hier eine Kopie aus: Nordwestliche Post – 29. Dec. 1820

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Das Dokument in Kopie wurde mit freundlicherweise vom Archiv Harrisburg, PA zur Verfügung gestellt.

Schlusswort

Das letzte Wort dieser Arbeit hat Harriet Hiester-Girdley, bei der die Fäden der Erforschung der Geschichte der drei Hüster-Brüder in den Vereinigten Staaten zusammenlaufen. Sie schreibt:

OUR ANCESTORS: We must collaborate and support our many-times-removed German-based cousins, families and relatives for they are the „feet on the ground“ in Germany with the ability to help us piece together the backward journey of our German-born ancestors; they know where to go, how to access information, and who may be doing in-depth studies beginning with the immediate family of the three brothers:

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Die Serie über unsere Amerika-Auswanderer aus dem Kirchspiel Elsoff wird fortgesetzt.

Besuchen Sie unsere Homepage!

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